Frühlings Erwachen? Nein,

HalimaHs Erwachen.

In Wedekinds Kindertragödie erwacht in den Heranwachsenden die innere Frage nach dem Genus der Grammatik unserer sozialen Konventionen, während die Außenwelt jegliche Auseinandersetzung tabuisiert und im Keim erstickt. In unserem Stück erwacht Halimah in der Realität: einem Konstrukt voller Widersprüche und Negierung einer Polysemie des Seins.


Lieber Tot als Ehrenlos.

so Lautet der Satz eines Vaters, der mit vollem Körpereinsatz in Kauf nimmt, dass seine Eigene Tochter ertrinkt, bevor er zulassen würde, dass sie männliche Rettungsschwimmer berühren.

Eine wahre Begebenheit, die sich auf der arabischen Halbinsel abspielte und unsere Schülerinnen und Schüler in ihrer Theaterarbeit prägte. Eine Vater-Tocher-Beziehung, die ganz andere Ausmaße annimmt als bei Lessings Emilia Galloti und Hebbels Maria Magdalena, deren jeweiliges Ende als Vorlage für unsere Stückentwicklung dienen sollte. Eines haben aber die drei Väter gemein: Ihr Handeln ist  bestimmt durch einen festgelegten Ehrenkodex. 

Der thematische Schwerpunkt unseres Theaterprojekts orientierte sich daraufhin von der Auseinandersetzung mit den "Wertvorstellungen von Vätern und Töchtern" zu der Untersuchung der Konzepte "Ehre" und "Ehrlosigkeit" im Kontext junger Mädchen und Frauen in Wilhelmsburg.

Bei der Stoffgenerierung bot es sich zudem an, dass wir auch mit Wedekinds Frühlings Erwachen - im Kontext von Aufklärung und Geschlechterrollen bei Jugendlichen mit muslimisch geprägtem Migrationshintergrund - arbeiten.

Hier einige Eindrücke zur zweiten Aufführung in der Paul-Gerhard-Kirche